II. Vormärz (1815 - 1848)

In der Zeit des Vormärz bilden sich zahlreiche Reformbewegungen, die sich grundsätzlich einig sind in ihrer Forderung nach einem Nationalstaat auf parlamentarischer Grundlage.

Im Oktober 1817 demonstrieren auf der Wartburg rund 500 Burschenschaftler für einen deutschen Nationalstaat. Auf Drängen des österreichischen Staatskanzlers Metternich nehmen die 39 deutschen Bundesstaaten die Ermordung des Dichters Kotzebue 1819 zum Anlaß, die Burschenschaften zu verbieten und gegen alle ”demagogischen Umtriebe” vorzugehen.

Der Nationalgedanke wirkt zu dieser Zeit in ganz Europa als revolutionäre Kraft. So löst die französische Julirevolution im Jahre 1830 eine Welle nationalrevolutionärer Erhebungen aus. Ein Hauptargument der deutschen Reformgruppen ist, daß der Nationalstaat die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Mißstände beseitigen soll. Die Idee des Nationalstaates wird das Integrationsmoment dieser Bewegungen.

Im Mai 1832 versammeln sich rund 20 000 Männer und Frauen vor der Schloßruine bei Hambach und unterstreichen ihren Wunsch nach ”Deutschlands Wiedergeburt”. Daraufhin verbietet der Deutsche Bund die ”deutschen” Farben Schwarz-Rot-Gold und schafft eine Zentralbehörde zur Feststellung und Untersuchung revolutionärer Umtriebe.

Starke Impulse zur nationalen Einheit gehen zunächst von der wirtschaftlichen Entwicklung aus, da die Entfaltung von Handel und Industrie von der ökonomischen und politischen Zersplitterung Deutschlands behindert wird. 1830 schließen sich die meisten deutschen Staaten unter Preußens Führung und unter Ausschluß Österreichs im Deutschen Zollverein zusammen.

Die wichtigste Opposition dieser Zeit sind die Anhänger des politischen Liberalismus. Als Verfassungsform streben sie eine konstitutionelle Monarchie nach französischem oder englischem Vorbild an. Grundlage ihres Wirkens sind die nach 1815 in den mittel- und süddeutschen Staaten erlassenen Verfassungen. Einzelne Reformen lassen sich zwar durchsetzen, grundlegende Veränderungen scheitern aber am monarchischen Prinzip der Einzelstaaten. Die Oppositionsbewegung der republikanischen "Radikalen" verlangt die Selbstregierung (Souveränität) des Volkes und tritt nachdrücklich für die Idee der sozialen Gleichheit ein. Die durch Bauernbefreiung und Industrialisierung eintretende Verarmung der Massen (Pauperismus) - das zentrale Problem der gesellschaftlichen Entwicklung im Vormärz - bestimmt ihre politischen Forderungen. Entsprechend ihrer Theorie führt der Weg zu der von ihnen angestrebten Republik über die Revolution.