6. Windthorsts Tod und Wirkung

Windthorst starb am Morgen des 14. März 1891 nach kurzer, schwerer Krankheit in Berlin. Nach großem Trauerzeremoniell wurde er am 17. März in der Marienkirche zu Hannover beigesetzt.

Die Verteidigung der Religion und der Rechte der Kirche, sein Eintreten für Juden und Polen, die Erhaltung und Ausweitung föderalistischer Strukturen, die Sicherung der konstitutionellen und liberalen Freiheiten sowie unbedingtes Eintreten für den Gleichheitsgrundsatz waren die Grundlinien, die Windthorsts politisches Denken und Handeln zeitlebens bestimmten.

Die Geschichtsschreibung würdigt ihn als ”ungekrönten König der deutschen Katholiken”, als führenden Politiker und eigentlichen Schöpfer der Zentrumspartei. Er war ein großer, einzigartiger Parlamentarier in dem von Bismarck geschaffenen, preußisch geprägten kleindeutschen Kaiserreich.

Der "kleinen Exzellenz” aus dem ehemaligen Königreich Hannover war es gelungen, sich zum bedeutendsten parlamentarischen Gegenspieler des ”eisernen Kanzlers” zu entwickeln. Er wurde zum Begründer und zur bestimmenden Kraft einer parlamentarischen Opposition und war einer der bedeutendsten Parlamentarier der deutschen Geschichte.

Als welfischer, katholischer ”Reichsfeind” geschmäht, hat er sich zugunsten allgemeiner Freiheits- und Grundrechte eingesetzt, die er rechtlich ebenso begründete wie seine Forderung nach Minderheitenschutz (Polen, Juden, Sozialisten) und wie sein Eintreten für die Religions- und Gewissensfreiheit.

Prinzipientreu und zäh wehrte er sich gegen Liberalismus, preußische Staatsallmacht und polizeistaatliches Vorgehen im Kulturkampf. Er verteidigte seine Kirche und den politischen Katholizismus gegen den Vorwurf eines blinden Ultramontanismus. Er vertrat die in Europa sich entwickelnde Idee einer christlich-demokratischen Freiheitsbewegung, einer sozialpolitisch orientierten Innenpolitik und eines den politischen Verhältnissen in Deutschland dienenden Föderalismus.

Er machte die Zentrumspartei zur unabhängigen politischen Kraft und verteidigte ihre Unabhängigkeit nach innen gegen partikularistische Interessen im Reich und nach außen gegen übersteigerte Abhängigkeit von Kirche und Papst. Ihm ging es stets um die Schärfung des Rechtsbewußtseins und um die Stärkung des Parlaments gegen die Exekutive.